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Cafés mit Geschichte: Vom Café Louvre bis zum Místo

Prag ist eine Stadt der Geschichten – und viele davon werden in Cafés erzählt. Zwischen Marmortischen, Porzellantassen und duftendem Gebäck lebt hier eine Kultur, die weit über den Espresso hinausgeht. Wer durch die Stadt schlendert, merkt schnell: Kaffee ist in Prag nicht nur ein Getränk, sondern eine Lebenseinstellung – ein Stück Geschichte im Alltag. Und nirgendwo lässt sich diese Verbindung von Tradition und Moderne schöner erleben als in den legendären Cafés der Stadt.

Prag – Wo Kaffee Kulturgeschichte schrieb

Schon um 1900 galt Prag als „Paris des Ostens“. Künstler, Intellektuelle und Freidenker saßen in verrauchten Cafés, diskutierten über Philosophie und Politik, schrieben Gedichte oder entwarfen revolutionäre Ideen. Es war die Zeit von Franz Kafka, Albert Einstein, Karel Čapek und vielen anderen, die ihre Spuren in der Stadt hinterließen – und in den Cafés, die damals zum geistigen Zentrum der Gesellschaft wurden.

Heute sind einige dieser Orte liebevoll restauriert, andere neu interpretiert. Wer sich mit einer Tasse Kaffee an einen der alten Holztische setzt, spürt noch immer das Flirren vergangener Zeiten – und gleichzeitig den Pulsschlag des modernen Prags.

Café Louvre – Kaffee mit Einstein und Kafka

Das Café Louvre an der Národní třída ist eine Institution. Eröffnet 1902, war es bald Treffpunkt der Prager Intelligenzija. Hier saßen Franz Kafka und Max Brod über ihren Manuskripten, Albert Einstein trank seinen Kaffee schwarz und diskutierte mit Kollegen der Prager Universität über Physik und Philosophie. Wenn man heute durch die hohen Säle mit den alten Kronleuchtern schreitet, fühlt man sich fast, als hätte man die Zeit zurückgedreht.

Ich erinnere mich an meinen ersten Besuch: ein regnerischer Nachmittag, der perfekte Moment für Kaffeehausmelancholie. Ein Ober in weißem Hemd balancierte ein Tablett mit Apfelstrudel und Sahne, während im Hintergrund eine Geige spielte. Ich bestellte einen „Vídeňská káva“ – Wiener Kaffee mit Sahnehaube – und stellte mir vor, wie Kafka hier saß, vielleicht ebenfalls mit einem Notizbuch, und an „Der Prozess“ feilte.

Tipp: Im Louvre gibt es im Obergeschoss ein kleines Billardzimmer – wer mag, kann zwischen den Partien ein Stück Geschichte spielen.

Café Slavia – Der Blick auf die Moldau

Nur wenige Schritte weiter, gegenüber des Nationaltheaters, liegt das legendäre Café Slavia. Es ist das vielleicht bekannteste Café der Stadt – und das mit der besten Aussicht. Von den Fenstern aus blickt man direkt auf die Moldau und die Prager Burg. Der perfekte Ort für einen langsamen Kaffee und einen noch langsameren Blick über das Wasser.

Das Interieur ist klassisch elegant: dunkles Holz, Messinglampen, rote Polster. Hier saß schon Václav Havel, bevor er Präsident wurde, und schrieb an seinen Theaterstücken. Ich erinnere mich an eine ältere Dame, die am Nebentisch leise sagte: „Hier war ich zum ersten Mal verliebt – und der Kaffee schmeckte genauso.“ Es sind diese kleinen Momente, die das Slavia unsterblich machen.

Geheimtipp: Setz dich am besten an den Fenstertisch am späten Nachmittag, wenn das Licht der untergehenden Sonne die Moldau in Gold taucht. Ein Ort, an dem man das Gefühl bekommt, Prag wirklich zu verstehen.

Café Savoy – Frühstück mit Glanz

Wer auf der Kleinseite, also in Malá Strana, unterwegs ist, sollte unbedingt im Café Savoy einkehren. Schon seit dem 19. Jahrhundert wird hier stilvoll gespeist – von der heißen Schokolade bis zum pochierten Ei auf Toast. Die hohen Decken, der Kristalllüster und das gedämpfte Stimmengewirr schaffen eine Atmosphäre, die irgendwo zwischen Wiener Kaffeehaus und französischer Brasserie liegt.

Einmal saß ich dort an einem Sonntagmorgen, die Sonne glitzerte durch die großen Fenster, und am Nebentisch bestellte ein Vater für seinen Sohn „Trdelník und heiße Milch“ – der Kellner nickte wissend. Hier treffen sich Familien, Künstler, Touristen und Nachbarn. Und das Frühstücksbuffet? Legendär.

Tipp: Wer Platz will, sollte früh kommen – am Wochenende sind alle Tische bis in den späten Vormittag belegt.

Café Imperial – Jugendstil zum Anbeißen

Nur wenige Minuten von der Altstadt entfernt liegt das prachtvolle Café Imperial. Schon beim Eintreten stockt einem der Atem: Mosaikwände, goldene Säulen, Reliefdecken – ein Meisterwerk des Jugendstils. Hier wirkt selbst ein einfacher Cappuccino wie ein Kunstwerk.

Die Geschichte reicht über 100 Jahre zurück. Heute gehört das Café zum Hotel Imperial und steht unter der Leitung des bekannten tschechischen Fernsehkochs Zdeněk Pohlreich. Sein Frühstück gilt als eines der besten der Stadt. Zwischen den kunstvollen Fliesen und dem klirrenden Porzellan fühlt man sich wie in einer anderen Zeit, aber mit WLAN.

Geheimtipp: Probier das hausgemachte Granola oder das warme Brioche mit Vanillesauce – perfekt, um den Tag zu beginnen oder zu beenden.

Místo – Moderne Kaffeekultur im Norden Prags

Und dann gibt es da das Místo – das komplette Gegenteil der altehrwürdigen Klassiker, aber mit derselben Seele. Es liegt im Stadtteil Dejvice und steht für das neue Prag: minimalistisch, hell, urban. Hier treffen sich Studenten, Kreative, Digitalnomaden – und alle, die ihren Flat White ernst nehmen.

Die Baristas wissen genau, was sie tun. Der Kaffee stammt von tschechischen Röstereien, die Kuchen sind hausgemacht, die Stimmung entspannt. Einmal beobachtete ich, wie ein Gast an der Theke einen Filterkaffee bestellte, und der Barista antwortete mit einem Lächeln: „Möchten Sie ihn wie in Berlin oder wie in Brünn?“ – „Wie in Prag“, grinste der Gast. Und das ist das Místo in einem Satz: modern, selbstbewusst, aber immer mit einem Augenzwinkern.

Gastro-Tipp:

Unbedingt probieren: das Avocadobrot mit pochiertem Ei – schlicht, perfekt und mit Liebe gemacht.

Beste Reisezeit & Anreise

Prag ist das ganze Jahr über einen Besuch wert. Im Winter sind die Cafés warm und ruhig, im Frühling duftet es nach frischem Gebäck und Hoffnung. Im Sommer öffnet das Místo seine Fenster, und im Herbst spiegelt sich die Stadt golden im Kaffee. Wer mit dem Zug anreist, steigt direkt am Hauptbahnhof Praha hlavní nádraží aus – von dort sind alle Cafés bequem mit der Straßenbahn oder zu Fuß erreichbar.

Checkliste – Dein Kaffeehaus-Abenteuer in Prag

  • [ ] Kaffee im Café Louvre mit Blick auf die Geschichte
  • [ ] Fensterplatz im Café Slavia mit Blick auf die Moldau
  • [ ] Frühstück im Café Savoy – Croissant inklusive
  • [ ] Jugendstilträume im Café Imperial
  • [ ] Flat White im Místo genießen
  • [ ] Spontan in ein unbekanntes Café abbiegen – Prag überrascht immer

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